Samstag, 14. Oktober 2006

Mit Rührung erinnere ich mich, wie uns Goethe, in tiefer Herzensbewegung, unter hervorquellenden Tränen, den Gesang, den das Gespräch Hermanns mit der Mutter am Birnbaume enthält, gleich nach der Entstehung vorlas. „So schmilzt man bei seinen eigenen Kohlen“, sagte er, indem er sich die Augen trocknete.

Donnerstag, 5. Oktober 2006

 

Niemand wird sich selber kennen,
Sich von seinem Selbst-Ich trennen;
Doch probier er jeden Tag,
Was nach außen endlich, klar,
Was er ist und was er war,
Was er kann und was er mag.

Es herrscht eine allgemeine Stille hier, oder wie die Herzogin-Mutter letzt sagte: sie schlafen alle. Goethe besucht uns oft wie ein Stern in der Nacht.

Mittwoch, 4. Oktober 2006

„Haben Sie auch schon geliebt?“ - „Ich kann es nicht leugnen. In einem Alter von 21 Jahren kam ich in die Nähe einer schönen Witwe, für die sich alle Gefühle in mir regten; - aber Verhältnisse hinderten mich, in jeder Rücksicht ihr meine Zuneigung zu gestehen. Ich verehrte sie, und nur in ihrer Gegenwart befand ich mich wohl; aber – ich sah die Unmöglichkeit, ihr die Unruhe meines Herzens zu offenbaren.“ - „War sie schön?“ – „So fand ich sie, und man sagte mir, dass sie in ihrem unverheirateten Stande das schönste Mädchen in der ganzen Umgebung gewesen wäre.“ - „Wissen Sie wohl, dass das Herz Geheimnisse hat, wovon der Verstand nichts weiss?“ - „Das habe ich schon öfters eingesehen, aber nicht mit Worten auszudrücken verstanden.“ - „Wissen Sie: le paradis est pour les âmes tendres, et condamnés sont ceux qui n’aiment rien.“

Sonntag, 1. Oktober 2006

 Unaufhörlich finden wir den Dichter, wie er mit Locken spielt.