Mittwoch, 20. Dezember 2006

Samstag, 9. Dezember 2006

Schau alle Würkungskraft und Samen
Und tu nicht mehr in Worten kramen.

Mittwoch, 6. Dezember 2006

Es mag sich Feindliches eräugnen, 
Du bleibe ruhig, bleibe stumm; 
Und wenn sie dir die Bewegung leugnen, 
Geh ihnen vor der Nas herum.

Montag, 20. November 2006

 

An Johann Gottfried und Caroline Herder

Luxemburg d. 16. October 1792.

Aus der mehr historischen und topographischen als allegorischen Rückseite werden Ew. Liebden zu erkennen geruhen, was für Aspecten am Himmel und für Conjuncturen auf der Erde gegenwärtig merkwürdig sind. Ich wünsche, das diese Effigiation zu heilsamen Betrachtungen Anlaß geben möge. Ich für meine Person singe den lustigsten Psalm Davids dem Herrn, daß er mich aus dem Schlamme erlöst hat, der mir bis an die Seele ging.

Wenn Ew. Liebden Gott für allerlei unerkannte Wohlthaten im Stillen danken, so vergessen Sie nicht, ihn zu preisen, daß er Sie und Ihre besten Freunde außer Stand gesetzt hat, Thorheiten ins Große zu begehen.

Ich wünsche gute Folgen des Bades auf den Winter. Ich eile nach meinen mütterlichen Fleischtöpfen, um dort wie von einem bösen Traum zu erwachen, der mich zwischen Koth und Noth, Mangel und Sorge, Gefahr und Qual, zwischen Trümmern, Leichen, Äsern und Scheishaufen gefangen hielt. Lebet wohl und haltet Euch für so glücklich als Ihr seid.
G.

Sonntag, 12. November 2006

Mittwoch, 8. November 2006

Ich habe keine Wünsche, als die ich wirklich mit schönem Wanderschritt mir entgegenkommen sehe.

Donnerstag, 2. November 2006

 

Weh! steck ich in dem Kerker noch?

Verfluchtes dumpfes Mauerloch,

Wo selbst das liebe Himmelslicht

Trüb durch gemalte Scheiben bricht!

Beschränkt von all dem Bücherhauf,

Den Würme nagen, Staub bedeckt,

Und bis ans hohe Gewölb hinauf

Mit angeraucht Papier besteckt,

Mit Gläsern, Büchsen rings bestellt,

Mit Instrumenten vollgepfropft,

Urväter Hausrat drein gestopft –

Das ist deine Welt, das heißt eine Welt!

Samstag, 14. Oktober 2006

Mit Rührung erinnere ich mich, wie uns Goethe, in tiefer Herzensbewegung, unter hervorquellenden Tränen, den Gesang, den das Gespräch Hermanns mit der Mutter am Birnbaume enthält, gleich nach der Entstehung vorlas. „So schmilzt man bei seinen eigenen Kohlen“, sagte er, indem er sich die Augen trocknete.

Donnerstag, 5. Oktober 2006

 

Niemand wird sich selber kennen,
Sich von seinem Selbst-Ich trennen;
Doch probier er jeden Tag,
Was nach außen endlich, klar,
Was er ist und was er war,
Was er kann und was er mag.

Es herrscht eine allgemeine Stille hier, oder wie die Herzogin-Mutter letzt sagte: sie schlafen alle. Goethe besucht uns oft wie ein Stern in der Nacht.

Mittwoch, 4. Oktober 2006

„Haben Sie auch schon geliebt?“ - „Ich kann es nicht leugnen. In einem Alter von 21 Jahren kam ich in die Nähe einer schönen Witwe, für die sich alle Gefühle in mir regten; - aber Verhältnisse hinderten mich, in jeder Rücksicht ihr meine Zuneigung zu gestehen. Ich verehrte sie, und nur in ihrer Gegenwart befand ich mich wohl; aber – ich sah die Unmöglichkeit, ihr die Unruhe meines Herzens zu offenbaren.“ - „War sie schön?“ – „So fand ich sie, und man sagte mir, dass sie in ihrem unverheirateten Stande das schönste Mädchen in der ganzen Umgebung gewesen wäre.“ - „Wissen Sie wohl, dass das Herz Geheimnisse hat, wovon der Verstand nichts weiss?“ - „Das habe ich schon öfters eingesehen, aber nicht mit Worten auszudrücken verstanden.“ - „Wissen Sie: le paradis est pour les âmes tendres, et condamnés sont ceux qui n’aiment rien.“

Sonntag, 1. Oktober 2006

 Unaufhörlich finden wir den Dichter, wie er mit Locken spielt.

Donnerstag, 20. Juli 2006

 

Mein Herr Magister, hab Er Kraft!

Sei Er kein schellenlauter Tor!

Sonntag, 16. Juli 2006

 

Bei den Prinzen hängt alles davon ab, daß sie es sich zur Gewohnheit machen, nie zu vergessen, daß sie Menschen sind, und daß sie folglich überall ihresgleichen sehen. Seine Durchlaucht, der Prinz wird sehen, daß der wahre Ruhm eines Herrschers darin besteht, sich selbst gut beherrschen zu wissen, und sein Land gut zu beherrschen, all seine Pflichten zu erfüllen, sein Volk so glücklich wie möglich zu machen.   -   Wieland an Herzogin Anna Amalia

Samstag, 15. Juli 2006

Dieser wisse fast alle seine Werke auf den Nagel herzusagen, denn, setzte er hinzu, es sind Emanationen seines Ichs, das er unbeschränkt lieb hat.

Montag, 10. Juli 2006

 

Und fragst du noch, warum dein Herz

Sich inn in deinem Busen klemmt?

Warum ein unerklärter Schmerz

Dir alle Lebensregung hemmt?

Statt all der lebenden Natur,

Da Gott die Menschen schuf hinein,

Umgibt in Rauch und Moder nur

Dich Tiergeripp und Totenbein.

Mittwoch, 21. Juni 2006

Montag, 19. Juni 2006

 

Wir nach allen Seiten hin wohlgesinnten, nach allgemeinster Bildung strebenden Deutschen, wir wissen schon seit vielen Jahren die Verdienste würdiger schottischer Männer zu schätzen. Uns blieb nicht unbekannt was sie früher in den Naturwissenschaften geleistet, woraus denn nachher die Franzosen ein so großes Übergewicht erlangten.

 

In der neuern Zeit verfehlten wir nicht, den löblichen Einfluß anzuerkennen, den ihre Philosophie auf die Sinnesänderung der Franzosen ausübte, um sie von dem starren Sensualism zu einer geschmeidigern Denkart auf dem Wege des gemeinen Menschenverstandes hinzuleiten. Wir verdankten ihnen gar manche gründliche Einsicht in die wichtigsten Fächer britischer Zustände und Bemühungen. 

 

Dagegen mußten wir vor nicht gar langer Zeit unsre ethisch-ästhetischen Bestrebungen in ihren Zeitschriften auf eine Weise behandelt sehen, wo es zweifelhaft blieb, ob Mangel an Einsicht oder böser Wille dabei obwaltete; ob eine oberflächliche, nicht genug durchdringende Ansicht oder ein widerwilliges Vorurteil im Spiele sei. Dieses Ereignis haben wir jedoch geduldig abgewartet, da uns ja dergleichen im eignen Vaterlande zu ertragen genugsam von jeher auferlegt worden.

In den letzten Jahren jedoch erfreuen uns aus jenen Gegenden die liebevollsten Blicke, welche zu erwidern wir uns verpflichtet fühlen und worauf wir in gegenwärtigen Blättern unsre wohldenkenden Landsleute, insofern es nötig sein sollte, aufmerksam zu machen gedenken.

Montag, 12. Juni 2006

Donnerstag, 8. Juni 2006

 

Zum Bleiben ich, zum Scheiden du erkoren, Gingst du voran - und hast nicht viel verloren.

Montag, 22. Mai 2006

 

Ha! wie's in meinem Herzen reißt!

Samstag, 20. Mai 2006

Die lärmenden Kinder eines benachbarten Ballettmeisters verscheuchte er einst mit einer volltönenden donnernden Rede, in welcher er unter anderem die Frage aufwarf: „Kann man in Weimar keinen ruhigen Gedanken mehr haben?“ und die ebenso vorwurfsvoll an die den Unfug duldenden Nachbarn als an die Kinder selbst gerichtet war.

Freitag, 19. Mai 2006

Wenn er aber noch einige Jahre glücklich sein könnte, so wäre es ihm doch zu gönnen. Täuschungen über das andere Geschlecht hat er sich stets gemacht. Das findet man im Laufe seines Lebens. Seine erdichteten Frauen sind mehr Wahrheit als die wahren. Von der Frau Geheimrätin an ist er von seinem Zenit herabgestiegen.

Donnerstag, 18. Mai 2006

… und ich zweifle, ob ich ihn je wiedersehe. Es geht unendlich viel mit ihm dahin, meinem Glauben nach mehr, als je wieder in deutscher Sprache aufstehen wird.

Montag, 15. Mai 2006

Goethe grübelt jetzt gar denkreich in diesen Dingen, und jedes, was erst durch seine Vorstellung gegangen ist, wird äusserst interessant. So sind mir’s durch ihn die gehässigen Knochen geworden und das öde Steinreich ...

Montag, 8. Mai 2006

Er küßte ihre Hand und wollte aufstehn; aber wie im Traum das Seltsamste aus dem Seltsamsten sich entwickelnd uns überrascht, so hielt er, ohne zu wissen, wie es geschah, die Gräfin in seinen Armen, ihre Lippen ruhten auf den seinigen, und ihre wechselseitigen lebhaften Küsse gewährten ihnen eine Seligkeit, die wir nur aus dem ersten aufbrausenden Schaum des frisch eingeschenkten Bechers der Liebe schlürfen.

Donnerstag, 4. Mai 2006

Wie über einen Fluß hinüber, der sie scheidet, zwei feindliche Vorposten sich ruhig und lustig zusammen besprechen, ohne an den Krieg zu denken, in welchem ihre beiderseitigen Parteien begriffen sind, so wechselte die Gräfin mit Wilhelm bedeutende Blicke über die ungeheure Kluft der Geburt und des Standes hinüber, und jedes glaubte an seiner Seite, sicher seinen Empfindungen nachhängen zu dürfen.    

Freitag, 14. April 2006

 

Über wenige Dinge hat Goethe tiefer und origineller gedacht als über den Sinn der Umgangsformen. Er ist der Philosoph und Ethiker des Betragens, der rückschauende Lobredner der letzten „Gesellschaft“, die es in Europa, die es vielleicht überhaupt gegeben hat, sofern man wenigstens „Gesellschaft“ in ihrem ursprünglichen Sinn nimmt als Organisation der Erotik.

 

... Und darum ist die Goethesche Welt häufig einem jähen Verblassen ausgesetzt, fällt es wie Mehltau und Reif des Todes plötzlich auf ihre mittaglichen Schäferspiele, dass ihre Gestalten sich in Schatten und Lemuren wandeln. Man erinnere sich, wie z.B. Wilhelm Meisters Lehrjahre zum Schluss hin immer hölzerner, magerer und frostiger werden, um mit dem schauerlichen Symbol der Einbalsamierung der toten Mignon abzuschliessen. Man sehe in den Wanderjahren die gespenstischen Revenants aus dem ersten Teil, da denn selbst Philine dem Schicksal nicht entgeht, den Tod ihrer Jugend zu überleben. Man würdige zumal den zweiten Faust mit seinem Triumph des Gespensterhimmels, des hohlen Jenseits über die wenigstens doch farbige Hölle.

Montag, 10. April 2006

Goethe sagte zu Herder: „Ich nehme jetzt die Grundsätze meines gnädigen Herrn an, er gibt mir zu essen, es ist daher meine Schuldigkeit, dass ich seiner Meinung bin.“

Dienstag, 28. März 2006

Gemütliche Stunde vorher mit Meyer und Riemer bei Goethe. „Wie sehe ich aus?“ frug der nackte, ölbestrichene Kaiser Commodus, umhangen von einer Löwenhaut, den Schuster am Capitolinus. „Wie ein Narr“, antwortete dieser.
Unser physisches sowohl als geselliges Leben, Sitten, Gewohnheiten, Weltklugheit, Philosophie, Religion, ja so manches zufällige Ereignis, alles ruft uns zu, dass wir entsagen sollen. So manches, was uns innerlich eigenst angehört, sollen wir nicht nach außen hervorbilden; was wir von außen zu Ergänzung unsres Wesens bedürfen, wird uns entzogen, dagegen aber so vieles aufgedrungen, das uns so fremd als lästig ist. Man beraubt uns des mühsam Erworbenen, des freundlich Gestatteten, und ehe wir hierüber recht ins klare sind, finden wir uns genötigt, unsere Persönlichkeit erst stückweise und dann völlig aufzugeben. Dabei ist es aber hergebracht, dass man denjenigen nicht achtet, der sich deshalb ungebärdig stellt; vielmehr soll man, je bitterer der Kelch ist, eine desto süßere Miene machen, damit ja der gelassene Zuschauer nicht durch irgendeine Grimasse beleidigt werde. Diese schwere Aufgabe jedoch zu lösen, hat die Natur den Menschen mit reichlicher Kraft, Tätigkeit und Zähigkeit ausgestattet. Besonders aber kommt ihm der Leichtsinn zu Hilfe, der ihm unzerstörbar verliehen ist. Hierdurch wird er fähig, dem Einzelnen in jedem Augenblick zu entsagen, wenn er nur im nächsten Moment nach etwas Neuem greifen darf; und so stellen wir uns unbewusst unser ganzes Leben immer wieder her. Wir setzen eine Leidenschaft an die Stelle der andern; Beschäftigungen, Neigungen, Liebhabereien, Steckenpferde, alles probieren wir durch, um zuletzt auszurufen, dass alles eitel sei. Niemand entsetzt sich vor diesem falschen, ja gotteslästerlichen Spruch; ja, man glaubt etwas Weises und Unwiderlegliches gesagt zu haben. Nur wenige Menschen gibt es, die diese unerträgliche Empfindung vorausahnen und, um allen partiellen Resignationen auszuweichen, sich ein für allemal im Ganzen resignieren. Diese überzeugen sich von dem Ewigen, Notwendigen, Gesetzlichen und suchen sich solche Begriffe zu bilden, welche unverwüstlich sind, ja, durch die Betrachtung des Vergänglichen nicht aufgehoben, sondern viel mehr bestätigt werden. Weil aber hierin wirklich etwas Übermenschliches liegt, so werden solche Personen gewöhnlich für Unmenschen gehalten, für Gott- und Weltlose; ja, man weiß nicht, was man ihnen alles für Hörner und Klauen andichten soll.
Die Hoffnung, immer vernünftiger zu werden, uns von den äußeren Dingen, ja, von uns selbst immer unabhängiger zu machen, konnten wir nicht aufgeben. Das Wort Freiheit klingt so schön, dass man es nicht entbehren könnte, und wenn es einen Irrtum bezeichnete.

Freitag, 24. März 2006

Vom künftigen Jubelfeste des Großherzogs, 3. September 1825, sprachen wir viel, da mir daran gelegen war seine Ideen zu erforschen. Ich schlug Medaille, Triumphbogen, Versammlung von Deputirten aus allen Ortschaften vor. Zur Medaille, wenn das Bild des Fürsten darauf geprägt werden sollte, meinte er, bedürfe es durchaus der Einwilligung des Großherzogs selbst. Überraschung dürfe ohnehin bei einem Fürsten nicht statuirt werden. Die Idee des Triumphbogens am Eingange des Schloßhofes sprach ihn sehr an, Repräsentanten des Landes aber seien langweilig, wenn nicht schöne Repräsentantinnen dazu kämen.

Sonntag, 19. Februar 2006

Unter andern sagte er auch, daß er vierzehn Tage vor der Abreise aus Rom täglich wie ein Kind geweint habe.

Donnerstag, 9. Februar 2006

Er spricht gern und mit leidenschaftlichen Erinnerungen von Italien; aber was er mir davon erzählt hat, gab mir die treffendste und gegenwärtigste Vorstellung von diesem Lande und diesen Menschen. Vorzüglich weiß er einem anschaulich zu machen, daß die Nation mehr als jede andere europäische in gegenwärtigen Genüssen lebt, weit die Milde und Fruchtbarkeit des Himmelstriches die Bedürfnisse einfacher macht und ihre Erwerbung erleichtert. – Alle ihre Laster und Tugenden sind die natürlichen Folgen einer feurigen Sinnlichkeit. Er eifert sehr gegen die Behauptung, daß in Neapel so viele müßige Menschen seien. Das Kind von fünf Jahren soll dort schon anfangen zu erwerben; aber freilich ist es ihnen weder nöthig noch möglich, ganze Tage, wie wir thun, der Arbeit zu widmen. In Rom ist keine Debauche mit ledigen Frauenzimmern, aber desto hergebrachter mit verheiratheten. Umgekehrt ist es in Neapel. Überhaupt soll man in der Behandlung des anderen Geschlechts hier die Annäherung an den Orient sehr stark wahrnehmen.

Samstag, 28. Januar 2006

Die Poeten schreiben alle, als wären sie krank und die ganze Welt ein Lazarett. Alle sprechen sie von dem Leiden und dem Jammer der Erde und von den Freuden des Jenseit, und unzufrieden, wie sie schon alle sind, hetzt einer den andern in noch grössere Unzufriedenheit hinein. Das ist ein wahrer Missbrauch der Poesie, die uns doch eigentlich dazu gegeben ist, um die kleinen Zwiste des Lebens auszugleichen und den Menschen mit der Welt und seinem Zustand zufrieden zu machen. Aber die jetzige Generation fürchtet sich vor aller echten Kraft, und nur bei der Schwäche ist es ihr gemütlich und poetisch zu Sinne.
"Ich sage immer und wiederhole es", begann er, "die Welt könnte nicht bestehen, wenn sie nicht so einfach wäre. Dieser elende Boden wird nun schon tausend Jahre bebaut, und seine Kräfte sind immer diesselbigen. Ein wenig Regen, ein wenig Sonne, und es wird jeden Frühling wieder grün, und so fort."
Aber das können diese Sanscülotten nicht begreifen, und was uns anderen gross erscheint, erscheint ihnen grob. Das Grosse ist ihnen unbequem, sie haben keine Ader, es zu verehren, sie können es nicht dulden.
Man müsste ein ganzes Buch schreiben, um alle grossen Verdienste dieses Gedichts nach Würden zu schätzen. Man tut wohl, es alle Jahr einmal zu lesen, um immer wieder daran zu lernen und den Eindruck seiner grossen Schönheit aufs neue zu empfinden.
"Das Gedicht ist so schön", sagte er, "dass man den Eindruck davon, bei den schlechten Zuständen, in denen man lebt, nicht in sich behalten kann und dass man immer von neuem erstaunt, wenn man es wieder liest."
Man spricht viel vom Theater, aber wer nicht selbst darauf war, kann sich keine Vorstellung davon machen. Wie völlig diese Menschen mit sich selbst unbekannt sind, wie sie ihr Geschäft ohne Nachdenken treiben, wie ihre Anforderungen ohne Grenzen sind, davon hat man keinen Begriff. Nicht allein will jeder der erste, sondern auch der einzige sein, jeder möchte gerne alle übrigen ausschliessen, und sieht nicht, dass er mit ihnen zusammen kaum etwas leistet; jeder dünkt sich wunderoriginal zu sein, und ist unfähig sich in etwas zu finden was ausser dem Schlendrian ist; dabei eine immerwährende Unruhe nach etwas Neuem. Mit welcher Heftigkeit wirken sie gegeneinander! und nur die kleinlichste Eigenliebe, der beschränkteste Eigennutz macht, dass sie sich miteinander verbinden. Vom wechselseitigen Betragen ist gar die Rede nicht; ein ewiges Misstrauen wird durch schändliche Reden unterhalten; wer nicht liederlich lebt, lebt albern. Jeder macht Anspruch auf die unbedingteste Achtung, jeder ist empfindlich gegen den geringsten Tadel. Das hat er selbst alles schon besser gewusst! Und warum hat er denn immer das Gegenteil getan? Immer bedürftig und immer ohne Zutrauen, scheint es, als wenn sie sich vor nichts so sehr fürchteten als vor Vernunft und gutem Geschmack, und nichts so sehr zu erhalten suchten, als das Majestätsrecht ihrer persönlichen Willkür.

Dienstag, 24. Januar 2006

Montag, 23. Januar 2006

 

Welch Schauspiel! aber, ach, ein Schauspiel nur!

Wo faß ich dich, unendliche Natur?

Euch Brüste, wo? Ihr Quellen alles Lebens,

An denen Himmel und Erde hängt,

Dahin die welke Brust sich drängt –

Ihr quellt, ihr tränkt, und schmacht ich so vergebens?