Donnerstag, 31. Oktober 2024
Montag, 28. Oktober 2024
Aufmerksam
durch diese Reden, betrachteten wir nun unser Schicksal mit Grauen; denn
obgleich die Nacht die zunehmende Gefahr nicht unterscheiden ließ, so bemerkten
wir doch, daß das Schiff, schwankend und schwippend, sich den Felsen näherte,
die immer finsterer vor uns standen, während über das Meer hin noch ein
leichter Abendschimmer verbreitet lag. Nicht die geringste Bewegung war in der
Luft zu bemerken: Schnupftücher und leichte Bänder wurden von jedem in die Höhe
und ins Freie gehalten, aber keine Andeutung eines erwünschten Hauches zeigte
sich. Die Menge ward immer lauter und wilder. Nicht etwa betend knieten die
Weiber mit ihren Kindern auf dem Verdeck, sondern weil der Raum zu eng war,
sich darauf zu bewegen, lagen sie gedrängt aneinander. Sie noch mehr als die
Männer, welche besonnen auf Hülfe und Rettung dachten, schalten und tobten
gegen den Kapitän. Nun ward ihm alles vorgeworfen, was man auf der ganzen Reise
schweigend zu erinnern gehabt: für teures Geld einen schlechten Schiffsraum,
geringe Kost, ein zwar nicht unfreundliches, aber doch stummes Betragen.
Er hatte niemand von seinen Handlungen Rechenschaft gegeben, ja, selbst noch den letzten Abend ein hartnäckiges Stillschweigen über seine Manoeuvres beobachtet. Nun hieß er und der Steuermann hergelaufene Krämer, die ohne Kenntnis der Schiffskunst sich aus bloßem Eigennutz den Besitz eines Fahrzeuges zu verschaffen gewußt und nun durch Unfähigkeit und Ungeschicklichkeit alle, die ihnen anvertraut, zugrunde richteten. Der Hauptmann schwieg und schien immer noch auf Rettung zu sinnen; mir aber, dem von Jugend auf Anarchie verdrießlicher gewesen als der Tod selbst, war es unmöglich, länger zu schweigen. Ich trat vor sie hin und redete ihnen zu, mit ungefähr ebensoviel Gemütsruhe als den Vögeln von Malcesine. Ich stellte ihnen vor, daß gerade in diesem Augenblick ihr Lärmen und Schreien denen, von welchen noch allein Rettung zu hoffen sei, Ohr und Kopf verwirrten, so daß sie weder denken noch sich untereinander verständigen könnten. »Was euch betrifft«, rief ich aus, »kehrt in euch selbst zurück und dann wendet euer brünstiges Gebet zur Mutter Gottes, auf die es ganz allein ankommt, ob sie sich bei ihrem Sohne verwenden mag, daß er für euch tue, was er damals für seine Apostel getan, als auf dem stürmenden See Tiberias die Wellen schon in das Schiff schlugen, der Herr aber schlief, der jedoch, als ihn die Trost- und Hülflosen aufweckten, sogleich dem Winde zu ruhen gebot, wie er jetzt der Luft gebieten kann, sich zu regen, wenn es anders sein heiliger Wille ist.«
Diese Worte taten die beste Wirkung.Dienstag, 22. Oktober 2024
Überhaupt ist ihr Wortschatz von köstlicher
Kreativität. Sie sehnt sich nach "Schlampamps-Stündchen", Goethes
bestes Stück heißt "Herr Schönfuß", eine Geschenksendung ist ein
"Schwänchen", eine Spritztour ein "Rutscherchen". Einmal
findet sie eine rührende, charakteristische Bezeichnung für sich: "Dein
kleines Naturwesen"; sie schreibt es "Dein Glein nes nadur
wessen". Ein anderes Mal sendet sie "einen Expressen", also eine
Schnellsendung, und unterschreibt mit "Hase in Eile".
Mittwoch, 16. Oktober 2024
Freitag, 11. Oktober 2024
Dienstag, 8. Oktober 2024
Samstag, 5. Oktober 2024
Für das überschickte Exemplar des Romans empfangen
Sie meinen besten Dank. Ich kann das Gefühl, das mich beim Lesen dieser
Schrift, und zwar in zunehmendem Grade, je weiter ich darin komme, durchdringt
und besitzt, nicht besser als durch eine süße und innige Behaglichkeit, durch
ein Gefühl geistiger und leiblicher Gesundheit ausdrücken, und ich wollte dafür
bürgen, daß es dasselbe bei allen Lesern im Ganzen sein muß.
Ich erkläre mir dieses Wohlsein von der durchgängig
darin herrschenden ruhigen Klarheit, Glätte und Durchsichtigkeit, die auch
nicht das geringste zurückläßt, was das Gemüth unbefriedigt und unruhig läßt,
und die Bewegung desselben nicht weiter treibt als nöthig ist, um ein
fröhliches Leben in dem Menschen anzufachen und zu erhalten. Ueber das einzelne
sage ich Ihnen nichts, bis ich das dritte Buch gelesen habe, dem ich mit
Sehnsucht entgegen sehe.
Mein großes Erstaunen, daß Du Meisters Lehrjahre
noch nicht gelesen, und die Versicherung, daß dies Buch eines der größten und
schönsten Erzeugnisse des menschlichen Geistes sey, und die deutsche Litteratur
durchaus nichts ähnliches aufzuzeigen habe, schienen Dich ein wenig zu
befremden, und da wir uns schnell trennen mußten, so trugst Du mir auf, Dir
über diesen Gegenstand zu schreiben. Wie gern erfüll' ich Deine Foderung; nur
erwarte kein Urtheil, denn was ich Dir schreibe, soll nur die Beschreibung eines
Eindrucks seyn. Welch' eine Fülle von Natur und Kunst! von tiefer reiner
Kenntniß des Menschen und der Menschen!