Der Dichter wird
als Mensch und Bürger sein Vaterland lieben, aber das Vaterland seiner
poetischen Kräfte und seines poetischen Wirkens ist das Gute, Edle und Schöne,
das an keine besondere Provinz und an kein besonderes Land gebunden ist, und
das er ergreift und bildet, wo er es findet. Er ist darin dem Adler gleich, der
mit freiem Blick über Ländern schwebt und dem es gleichviel ist, ob der Hase,
auf den er hinabschießt, in Preußen oder in Sachsen läuft.
Und was heißt
denn: sein Vaterland lieben, und was heißt denn: patriotisch wirken? Wenn ein
Dichter lebenslänglich bemüht war, schädliche Vorurteile zu bekämpfen,
engherzige Ansichten zu beseitigen, den Geist seines Volkes aufzuklären, dessen
Geschmack zu reinigen und dessen Gesinnungs- und Denkweise zu veredeln, was
soll er denn da Besseres tun? und wie soll er denn da patriotischer wirken? - An einen Dichter so ungehörige und undankbare Anforderungen zu machen, wäre
ebenso, als wenn man von einem Regimentschef verlangen wolle: er müsse, um ein
rechter Patriot zu sein, sich in politische Neuerungen verflechten und darüber
seinen nächsten Beruf vernachlässigen. Das Vaterland eines Regimentschefs aber
ist sein Regiment, und er wird ein ganz vortrefflicher Patriot sein, wenn er
sich um politische Dinge gar nicht bemüht, als soweit sie ihn angehen, und wenn
er dagegen seinen ganzen Sinn und seine ganze Sorge auf die ihm untergebenen
Bataillons richtet und sie so gut einzuexerzieren und in so guter Zucht und
Ordnung zu erhalten sucht, daß sie, wenn das Vaterland einst in Gefahr kommt,
als tüchtige Leute ihren Mann stehen.