Samstag, 27. September 2014

Man ist nur eigentlich lebendig, wenn man sich des Wohlwollens anderer er­freut.
Nichts ist widerwärtiger als die Majorität; denn sie besteht aus wenigen kräftigen Vorgängern, aus Schelmen, die sich akkomodieren, aus Schwa­chen, die sich assimilieren, und der Masse, die nachrollt, ohne nur im min­desten zu wissen, was sie will.

Samstag, 20. September 2014


Gerade die tiefe Bedeutung, die er in jeder politischen Erscheinung wahrnahm, der hohe Ernst, mit welchem er von Regierenden und Regierten ein verständiges, wohlwollendes Auffassen und Üben ihrer Rechte und Pflichten forderte, von jedem frechen, verwirrten, haltungslosen Treiben sich abwandte, gerade diese edelste politische Sinnesweise war es, die ihm ein nichtiges Radotiren oder leidenschaftliches Partheistreben so widerwärtig, so verhaßt machte. Davon Notiz nehmen zu müssen, konnte ihn zuweilen wahrhaft unglücklich machen, und das Wichtige, Große, Folgenreiche frivol und leichtsinnig behandelt zu sehen, fast zur Verzweiflung bringen .
In diesem Sinne hielt er fest an Ordnung und Gesetzmässigkeit, als an den Grundsäulen bürgerlicher Wohlfahrt, und nur alles dasjenige, was den stetigen Fortschritt sittlicher und intellektueller Ausbildung, geregelter Benutzung der Naturkräfte aufzuhalten und zu verkümmern, die edelsten Güter des Daseins dem wilden Spiele ungezügelter Leidenschaften, der Herrschaft roher Massen preiszugeben drohte, war ihm das wahrhaft Tyrannische, Freiheitsvernichtende, durchaus Unerträgliche. 

Dienstag, 16. September 2014

Dann sprach er von Fräulein Caspers in Wien, die ihn durch Struve habe grüßen lassen, und daß sie eines jener lieblichen, aber neutralen adiaphoren weiblichen Wesen sei, die, mit geringer Sinnlichkeit ausgestattet, um so sicherer durch die Welt gehen, weil sie eben nicht mehr anreizen, als daß man gerne bei ihnen verweilt.
Über die Ursachen seiner Spannung mit Herdern, den er drei Jahre lang in der letzten Zeit nicht sah, theilte er Vertraulichstes mit, unter feierlichstem Handschlag.

Donnerstag, 11. September 2014


Da faßte mich bei einen Gedanken, aus dem der seinige zurückstrahlte, plötzlich sein Flammenauge, und ich sahe Fausts Schöpfer. Ich sehe ihn seitdem täglich und versäume keine Gelegenheit, ihn zu sehen. Anfangs quälten mich seine Blicke, die ich immer auf mir und an mir empfand, wenn ich ihn nicht ansah, und die dann die des forschenden Beobachters waren; und des Beobachters ohne Hoffnung und Glauben an reinen Menschenwert, der nur neue Gestalten zu seinen lebensvollen Gemälden sucht und in die Welt sieht wie in einen Guckkasten.
Gestern und heute ist er sehr liebenswürdig und traulich gewesen, und ich habe zuweilen den Werther und Egmont hervorleuchten sehen; ob ich den Tasso und die Iphigenia erblicken werde?

Mein Sohn hat gesagt: was einen drückt, das muß man verarbeiten, und wenn er ein Leid gehabt hat, da hat er ein Gedicht daraus gemacht.

Mittwoch, 10. September 2014

Ich fühls, Goethe und ich werden niemals Freunde; auch seine Art, mit unsern Geschlecht umzugehen, gefaellt mir nicht; er ist eigentlich, was man coquet nennt: es ist nicht Achtung genug in seinem Umgang, zerreissen Sie meinen Brief.   
Mir gehts mit Goethen wunderbar; nach acht Tagen, wie er mich so heftig verlassen hat, kommt er mit einem Übermaß voll Liebe wieder. Ich hab zu mancherlei Betrachtungen durch Goethen Anlass bekommen; je mehr ein Mensch fassen kann, deucht mir, je dunkler, anstössiger wird ihm das Ganze, je eher fehlt man den ruhigen Weg; gewiss hatten die gefallenen Engel mehr Verstand, wie die übrigen.
„Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wie sehr mich die Wahrheit, das schöne Leben, die einfache Fülle dieses Werkes bewegte. Ruhig und tief, klar und doch unbegreiflich wie die Natur, so wirkt es und steht es da, und alles, auch das kleinste Nebenwerk, zeigt die schöne Gleichheit des Gemütes, aus welchem alles geflossen ist.“

Dienstag, 2. September 2014


Bei Klopstocken bin ich von nachmittags fünf bis nachts zehn Uhr gewesen.