Samstag, 18. Oktober 2025

 

Der Chinese in Rom.

 

Einen Chinesen sah ich in Rom, die gesammten Gebäude,

     Alter und neuerer Zeit, schienen ihm lästig und schwer.

Ach! so seufzt’ er, die Armen! ich hoffe, sie sollen begreifen

     Wie erst Säulchen von Holz tragen des Daches Gezelt,

Daß an Latten und Pappen, und Schnitzwerk und bunter Vergoldung

     Sich des gebildeten Aug’s feinerer Sinn nur erfreut.

Siehe, da glaubt’ ich, im Bilde, so manchen Schwärmer zu schauen,

     Der sein luftig Gespinnst mit der soliden Natur

Ewigem Teppich vergleicht, den ächten, reinen Gesunden

     Krank nennt, daß ja nur er heiße, der Kranke, gesund.

 

Wenn Sie Zweifel an Goethe haben, so hab’ ich sie auch. Aber daß jemand bedenkliche und schwierige Anlagen wie vor allem die unerträgliche Sprunghaftigkeit von Anfang an so bewußt erkennt und sich selber als einen ihm von Gott vertrauten Stoff so unbeschreiblich gewissenhaft zu Ende bildet, das ist für mich ein Beispiel der Selbsterziehung, an dem ich mich beständig aufrichte.