Dienstag, 17. Dezember 2024
Wenn nun diese sämtlichen
Ausdrücke einem gebildeten deutschen Leser bekannt sind oder durch das
Konversationslexikon bekannt werden können, gerade wie dem Orientalen die
Außenwelt durch Handels- und Wallfahrtskarawanen, so dürfen wir kühnlich einen
ähnlichen Geist für berechtigt halten, dieselbe Verfahrungsart auf einer völlig
verschiedenen Unterlage walten zu lassen.
Gestehen wir also unserm so
geschätzten als fruchtbaren Schriftsteller zu, daß er, in späteren Tagen
lebend, um in seiner Epoche geistreich zu sein, auf einen durch Kunst,
Wissenschaft, Technik, Politik, Kriegs- und Friedensverkehr und Verderb so
unendlich verklausulierten, zersplitterten Zustand mannigfaltigst anspielen
müsse, so glauben wir ihm die zugesprochene Orientalität genugsam bestätigt zu
haben.
Einen Unterschied jedoch, den
eines poetischen und prosaischen Verfahrens, heben wir hervor. Dem Poeten,
welchem Takt, Parallelstellung, Silbenfall, Reim die größten Hindernisse in den
Weg zu legen scheinen, gereicht alles zum entschiedensten Vorteil, wenn er die
Rätselknoten glücklich löst, die ihm aufgegeben sind oder die er sich selbst
aufgibt; die kühnste Metapher verzeihen wir wegen eines unerwarteten Reims und
freuen uns der Besonnenheit des Dichters, die er in einer so notgedrungenen
Stellung behauptet.
Der Prosaist hingegen hat die
Ellebogen gänzlich frei und ist für jede Verwegenheit verantwortlich, die er
sich erlaubt; alles, was den Geschmack verletzen könnte, kommt auf seine
Rechnung. Da nun aber, wie wir umständlich nachgewiesen, in einer solchen Dicht-
und Schreibart das Schickliche vom Unschicklichen abzusondern unmöglich ist, so
kommt hier alles auf das Individuum an, das ein solches Wagstück unternimmt.
Ist es ein Mann wie Jean Paul, als Talent von Wert, als Mensch von Würde, so
befreundet sich der angezogene Leser sogleich; alles ist erlaubt und
willkommen. Man fühlt sich in der Nähe des wohldenkenden Mannes behaglich, sein
Gefühl teilt sich uns mit. Unsere Einbildungskraft erregt er, schmeichelt
unseren Schwächen und festiget unsere Stärken.
Man übt seinen eigenen Witz,
indem man die wunderlich aufgegebenen Rätsel zu lösen sucht, und freut sich, in
und hinter einer buntverschränkten Welt, wie hinter einer andern Scharade,
Unterhaltung, Erregung, Rührung, ja Erbauung zu finden.
Dies ist ungefähr, was wir
vorzubringen wußten, um jene Vergleichung zu rechtfertigen; Übereinstimmung und
Differenz trachteten wir so kurz als möglich auszudrücken; ein solcher Text
könnte zu einer grenzenlosen Auslegung verführen.